Abmahnung und kein Ende – Das Wall-Street Journal Deutschland berichtet am 20.03.2014 von Abmahnungen gegen Betreiber von XING-Profilen wegen fehlendem Impressums. Wie man sich davor schützen kann, lesen Sie ebenfalls in dem Artikel:
Dreiste Abmahnwelle gegen persönliche Xing-Profile
Derzeit werden Inhaber von Xing-Profilen von einem Anwalt abgemahnt, wenn sie kein oder nur ein unvollständiges Impressum angegeben haben, berichtet die „Computerwoche„. Betroffen sind demnach nicht nur Firmenprofile, sondern auch die persönlichen Profile von einzelnen Nutzern.
Die „Computerwoche“ spricht von einer Abmahnwelle – so werden in der Regel Massenabmahnungen genannt, mit der die abmahnenden Anwälte und ihre Auftraggeber Geld verdienen wollen.
Laut Telemediengesetz (TMG) ist jeder Anbieter von Telemedien in Deutschland verpflichtet, bestimmte Informationen bereitzustellen. Das gilt nach Auslegung zweier Gerichturteile des Landgerichts Freiburg vom 4. November 2013 und des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13. August 2013 sogar für Facebook-Profile, wenn diese geschäftlich genutzt werden.
Erstmals hatte das Landgericht Aschaffenburg am 19. August 2011 die Impressumspflicht auch für Facebook-Profile bejaht. Für ein Onlinegeschäftsnetzwerk wie Xing dürfte das daher erst recht gelten, argumentiert die „Computerwoche“. In den genannten Fällen handelte es sich allerdings jeweils um Firmenauftritte bei Facebook, nicht um private Konten.
Abmahnwelle trifft Selbstständige und Unternehmen
Ein regulärer Arbeitnehmer, der Xing nutzt, hat allerdings laut dem Düsseldorfer Anwalt Michael Terhaag nichts zu befürchten. Die Abmahnwelle trifft vor allem Selbstständige und Unternehmen, die Xing geschäftlich nutzen.
Von einem „leidigen Thema“ spricht der Fachanwalt für IT-Recht und gewerblichen Rechtsschutz daher auch auf Anfrage.
Beim Thema Abmahnungen wegen der Impressumspflicht rümpfe „der Jurist ein bisschen die Nase.“ Er selbst mahne aus Prinzip nicht nur wegen der Impressumspflicht ab.
„Meistens ist das Pillepalle“
Häufig werde wegen Kleinigkeiten wie einer fehlenden Umsatzsteueridentifikationsnummer abgemahnt – in diesen Fällen ist die für Abmahnungen erforderliche Bagatellschwelle aus Sicht von Terhaag nicht überschritten. „Meistens ist das Pillepalle. Es gibt da Kollegen, die eine wahnsinnige Langeweile haben“, sagt der Rechtsanwalt lakonisch.
Insgesamt bezweifelt er auch, dass derartige Abmahnungen bei einem rein persönlichen Profil bei Xing – selbst wenn es sich um einen Selbstständigen handelt – vor Gericht Bestand hätten. Letztlich sei ein Xing-Profil nicht mehr als ein „besserer Gelbe-Seiten-Eintrag“.
Ob es sich damit überhaupt um ein geschäftliches Telemedium handelt, bezweifelt der Anwalt. „Es fehlen zum Beispiel in der Regel Preise.“ Damit eine Abmahnung überhaupt wirksam ist, muss diese außerdem durch einen Wettbewerber erfolgen. „Sie müssen im selben Teich fischen, sage ich immer“, so Terhaag.
Wie sich das Impressum bei Xing einrichten lässt
Die Abmahnfalle vermeiden Nutzer in jedem Fall, indem sie ein vollständiges Impressum angeben. Gerade für alle, die den Xing-Account als Selbstständige tatsächlich geschäftlich nutzen, ist das ohnehin empfehlenswert. Das Impressum lässt sich eintragen, indem man das persönliche Profil eingeloggt aufruft und ganz unten auf den Link „Impressum bearbeiten“ klickt.
In das Impressum gehört bei natürlichen Personen mindestens ein ausgeschriebener Vorname sowie der Nachname. Daneben fordert der Gesetzgeber aber auch eine Möglichkeit zur schnellen Kontaktaufnahme. Die Angabe einer E-Mail-Adresse ist daher nach § 5 Nr. 2 TMG vorgeschrieben, ebenso sollte eine Telefonnummer angegeben sein.
Erstmals tauchten im Februar dieses Jahres Berichte über Abmahnungen bei Xing auf. Der Rechtsanwalt Carsten Ulbricht, der selbst wegen seines Profils bei Xing abgemahnt wurde, argumentierte damals in seinem Blog, dass aus seiner Sicht gute Argumente dafür sprechen, „dass sich eine Impressumspflicht bei Xing für Personenprofile nicht begründen lässt.“ Die Abmahnung durch einen Anwaltskollegen will er gerichtlich ausfechten.
Das Geschäft mit Abmahnungen
Ursprünglich waren Abmahnungen in Deutschland geschaffen worden, um bei juristischen Gegnern mit zivilen Ansprüchen schnelle und günstige außergerichtliche Einigungen zu ermöglichen, sofern die Sachlage von beiden Seiten anerkannt wird und damit keiner gerichtlichen Klärung bedarf.
Seit durch das Internet und soziale Medien so gut wie jeder zum Anbieter von Informationen geworden ist, wird das Mittel der Abmahnung aber häufig auch massenhaft genutzt, um Privatpersonen abzumahnen und sie dabei die Anwaltskosten übernehmen zu lassen. Kritiker sprechen von einem regelrechten Abmahngeschäft.
Durch entsprechende Technologien lassen sich beispielsweise leicht Nutzer ausfindig machen, die Urheberrechtverletzungen begehen, indem sie Bilder auf eigenen Internetseiten nutzen, für die sie keine Rechte besitzen. Zuletzt machte eine umstrittene Serienabmahnung der Kanzlei Urmann + Collegen (U+C) im Auftrag des Pornorechteverwerters The Archive gegen Nutzer der Streaming-Plattform Redtube Schlagzeilen.
UPDATE
Ein Sprecher von Xing teilt mit:
„XING bietet dem Nutzer sehr wohl die Möglichkeit, ein Impressum anzulegen. Grundsätzlich ist bei der Debatte zu berücksichtigen, dass es (1) juristisch überhaupt nicht geklärt ist, ob XING-Mitglieder ein Impressum anlegen müssen.
Und (2) sind uns praktisch keine Fälle bekannt, wo das Fehlen eines Impressums zu Problemen führte – außer unter sich abmahnenden Anwälten. Es gibt daher kein generelles Problem, das alle Nutzer betrifft.“
Dieser Artikel ist zuerst erschienen unter dem Titel „Werden Xing-Profile zur Abmahnfalle?“ beim „Wall Street Journal Deutschland„.